Mercedes A 250 4Matic (2023) im Test: Anspruch und Wirklichkeit (2024)

Was ist das?

Vor knapp neun Monaten präsentierte uns Mercedes die Modellpflege der A-Klasse. Für ein Auto, das zu diesem Zeitpunkt schon mehr als vier Jahre alt war, fiel diese bemerkenswert dezent aus. Ein großer Wurf halt - sagt der Benz-Fan. Machst Du`s von Anfang an gescheit, musst du nachher nicht wie wild dran herumdoktern.

Und was die Optik angeht, außen wie innen, da hat sich der Baby-Benz ja wirklich nicht viel vorzuwerfen. Ein bisschen gedoktert hat man dann aber trotzdem, gehört halt dazu. Schauen Sie ganz genau hin, dann erkennen Sie Mini-Änderungen an Motorhaube, Scheinwerfern, Grill und Schürzen. Ein bisschen unverständlich: LED-Scheinwerfer sind immer noch aufpreispflichtig.

Im Interieur müssen Sie noch ein bisschen genauer luren. Dann erkennen Sie ein neues Lenkrad-Design und dass auf der Mittelkonsole das Touchpad nicht mehr da ist. An dessen Stelle ist jetzt eine Ablage für Smartphone, Kleingeld und Co.

Motorenmäßig sind wir für diesen Test mal richtig schön in die Vollen gegangen. A 250 4Matic bedeutet: Topmodell-Flair. Also zumindest, wenn man die beiden AMG-Varianten verschweigt.

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Beim vorherrschenden Downsizing und PHEV-Wahn ist es ja fast schon ein Schock (ein positiver Schock), dass man in der A-Klasse-Preisliste tatsächlich noch einen Zweiliter-Benziner findet. 224 PS, 350 Nm, 0-100 km/h in 6,3 Sekunden und 250 km/h Topspeed klingen jetzt auch nicht so verkehrt. Dass seit dem Facelift durch die Bank 48-Volt-mildhybridisiert wird, nehmen wir zur Kenntnis. Ist halt jetzt überall so.

Dass der A 250 darüber hinaus nur mit Allrad und 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe zu haben ist, lässt in Anbetracht der Leistungsdaten ganz zart die Hoffnung auf ein bisschen Kompaktsport-Feeling aufkeimen. Allerdings reichen ein paar Meter Fahrt, um besagte Hoffnung gleich wieder zu begraben, denn wenn bei der A-Klasse nicht die Buchstaben A, M und G auf dem Heckdeckel stehen, dann ist sie vieles, aber ganz gewiss kein sportliches Gefährt.

Was sie denn dann ist, das gilt es nun herauszufinden. Und die Ansprüche sind hoch. Nicht nur die von Mercedes an sich selbst, sondern auch unsere an das Auto in Anbetracht eines Preisschilds von mehr als 60.000 Euro.

Wie bitte? Wann ist das denn passiert?

Das fragen wir uns auch. Aber es ist nun mal so. Beim Stern haust du im Jahr 2023 auch mal mehr als 62.000 Euro für einen normalen Kompaktwagen auf den Kopf. Das ist VW Golf R-333 PS-Nordschleife-in-7:47-Minuten-Geld. Bis vor kurzen hast du dafür noch einen BMW M2 bekommen.

Da fährt erwartungshaltungstechnisch also eine Bürde mit, die in etwa so groß ist wie ein Mercedes-AMG G 63 6x6. Das Problem ist nur, dass dieser A 250 die Erwartungen in zentralen Bereichen nicht erfüllt und spätestens jetzt haben wir ein Thema. Naja, eigentlich sind es gleich mehrere Themen.

Welche?

Thema 1: Antrieb. Wenig überraschend schiebt dieses Aggregat die A-Klasse sehr sehr ordentlich nach vorne. Wir reden hier von einem schnellen Auto mit strammem Durchzug und das auch, wenn die Zahlen auf dem Tacho größer sind. Leider mangelt es dem Antrieb an Schliff. Die Gasannahme ist hektisch, die Leistungsentfaltung passiert nach dem Prinzip: Erst lange nix und dann ganz viel auf einmal.

Auch das Getriebe bringt immer wieder Unruhe ins Auto, vor allem beim Anfahren. Durch die recht präsente, etwas dröhnige Klangkulisse beim Ausdrehen wirkt das Auto zudem angestrengter als es ist. Dazu kommt eine schwer zu dosierende Bremse mit einem sehr aggressiven Anfangsdruckpunkt. Und das sind einfach Dinge, die das Fahren unrund und unausgegoren erscheinen lassen.

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Thema 2: Fahrwerk. Ich erwähnte es bereits, auch als 250er mit ordentlich Leistung mutiert die A-Klasse nicht zum fahrdynamischen Überflieger, den man permanent scheuchen will, weil es einem dabei die Mundwinkel so weit auseinanderzieht.

Muss es ja auch überhaupt nicht. Wer die ganze Zeit angasen will wie ein Bekloppter, der hat haufenweise andere Optionen, auch in diesem Segment. Aber vernünftig fahren soll sie natürlich schon die A-Klasse und das tut sie im Großen und Ganzen auch.

Das ist mit dem optionalen Adaptiv-Fahrwerk des Testwagens alles komfortabel gefedert und mit dem Allradantrieb natürlich stockneutral und mit saumäßig viel Traktion abgestimmt. Da kannst du auf der Autobahneinfahrt auch mal vollständig eskalieren, der 4Matic-A wird dir genau gar nirgends hin- oder wegrutschen. Er versetzt einfach gar nicht und schießt mit einem Affenzahn völlig souverän durch die Biegung.

Wo dann bitte das Problem ist? Ja gut, das ist halt total effizient und narrensicher, aber spielerisch-spaßig ist es nicht. Da liegt viel auch an der Lenkung, die einfach sehr künstlich und lieblos aufgespielt wirkt. In Richtung der Ränder verhärtet sie auch recht stark. Im schwergängigeren Sport-Modus wird dieses Verhärten fast schon zur Farce.

So ein richtiger Fahr-Flow will einfach nicht aufkommen mit der Stockigkeit bei Antrieb und Lenkung. Und dann wäre da noch die Dämpfung, die ebenfalls ein wenig zu sehr hingeklatscht wirkt für ein Auto dieses Preisniveaus.

Gar nicht mal von der Dämpfwirkung selbst, wie gesagt, der Komfort ist absolut gegeben. Aber das wirkt alles nicht so satt wie es sollte und es klonkt ganz gerne mal ein bisschen beim Ein- und Ausfedern und generell kommt da etwas viel Geräusch aus dem Radkasten. Und das geht halt nicht bei einem Mercedes, weil ein Hyundai oder ein Kia oder ein Opel, die machen das nicht, die kosten aber viel weniger. Und ein BMW 1er der kostet vielleicht ähnlich viel, aber der macht das gleich dreimal nicht.

Und so ist das halt alles ein bisschen eine Krux, weil man das Gefühl hat, Hauptsache das Infotainment und die Connectivity sind geil und ich kann 30 Millionen Songs streamen und das Ambiente-Licht macht aus dem super trendigen Interieur eine möglichst Instagram-taugliche Szenerie. Da ist es dann am Ende gar nicht mehr so wichtig, was da beim Fahren für ein Eindruck rüberkommt. So scheint es zumindest.

Ist denn innen wenigstens alles "das Beste oder nichts"?

Nun, man muss der A-Klasse schon zugestehen, dass sie im Interieur den gewissen IT-Faktor aufweist. Immer noch, muss man dazusagen. Nach vier Jahren Bauzeit ist das schon eine Kunst, dass da noch niemand gekommen ist und was besseres auf die Beine gestellt hat.

Sie sieht also noch immer sehr funky und très chic aus, wenn man ihr so aufs co*ckpit schaut und an der Verarbeitung und den Materialien gibt es auch nix zu meckern. Das hat alles absolut Hand und Fuß. Da schauen Sie mal bei anderen Vertretern der Kompaktklasse. In Wolfsburg etwa, da sah das zuletzt nicht halb so rosig aus.

Ein kleines Eigentor ist halt, dass ausgerechnet die ganzen Hebel rund ums Lenkrad, also die Blinker- und Gangwahl-Hebel, die die man am meisten benutzt, dass genau die so furchtbar billig wirken. Das ist bei Mercedes ja seit Jahren so und keiner versteht warum.

Apropos seit Jahren und "Warum?": Die kleinen Daumen-Wisch-Bedienfelder am Lenkrad, die werden auch nicht besser mit der Zeit. Vielleicht sollte man da irgendwann nochmal drüber nachdenken.

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Ansonsten ist das alles aber freilich ganz und gar hervorragend mit der Bedienung, auch weil die Klimasteuerung noch richtige Taster unterhalb des MBUX hat. Ja und das MBUX selbst und dessen Bedienung und was es alles kann, das ist ja sowieso über jeden Zweifel erhaben. Die Sprachsteuerung etwa, die kannst du bei den meisten anderen Herstellern (außer BMW) ja noch immer relativ vergessen, aber hier ist sie ein Gedicht.

Und das ganze Infotainment ist schnell und hat super Grafiken und tolle Kameras und die Augmented Reality-Funktion, die einem die Abbiegepfeile und die richtige Hausnummer ins Navi-Display rein proji*ziert. Und alle Songs des Internets streamt dir die A-Klasse auch noch in Rekordzeit, wenn du das bestellt hast.

Das ist also alles wirklich toll und in Sachen Digitalisierung sicher besser als bei der Konkurrenz, aber - und es zieht sich wie ein alter Kaugummi durch diesen Artikel - man zahlt ja auch wahnsinnig viel. Und teilweise auch für Dinge, wo man es gar nicht glauben mag. Ganz offensichtlich unter anderem für eine elektrische Heckklappe, die in einem 30.000-Euro-Koreaner selbstverständlich ist, aber in diesem doppelt so teuren Mercedes nicht.

Und einen hab ich noch, bevor ich Ruhe gebe. Da wären nämlich die Integralsportsitze mit integrierter Kopfstütze aus der AMG-Line, die der Testwagen hatte. Die sind also ein bisschen knapp geschnitten, wenn man größer ist als 1,85 Meter und sonderlich bequem sind sie auch nicht. Jetzt bin ich was Sitzkomfort angeht, anscheinend recht speziell, das Thema hatten wir schon häufiger, aber probieren Sie es vielleicht trotzdem aus vor dem Kauf.

Die A-Klasse im Verbrauchstest

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Bliebe noch das Platzangebot im Fond, das mittelmäßig ist für einen Kompakten. Genau wie der Kofferraum mit seinen gut 350 Liter.

Fazit: 6/10

Und da haben wir es dann auch schon irgendwie mit dem was diesen Mercedes A 250 4Matic charakterisiert. Denn für ein Auto, das mit Ausstattung über 60.000 Euro kostet und einen Stern auf der Haube trägt, ist das alles einfach ein bisschen zu mittelmäßig.

Also nicht beim Innenraum und beim Style und beim Infotainment und all der Konnektivität, aber bei vielem, was einfach mit dem Fahren zu tun hat. Und das ist schade und dürfte eigentlich nicht sein.

Der logische Schritt wäre, zum A 200 zu greifen. Der ist mit 163 PS sicher auch flott genug, kostet aber in der Basis 10.000 Euro weniger.

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